Ein Familiennachmittag mit Erich Kästners ‹Emil und die Detektive›
‹Ja euch kann ich’s ja ruhig sagen: Die Sache mit Emil kam mir selber unerwartet. Eigentlich hatte ich ein ganz anderes Buch schreiben wollen. Ein Buch, in dem, vor lauter Angst, die Tiger mit den Zähnen und die Dattelpalmen mit den Kokosnüssen klappern sollten. Einen richtigen Südseeroman hatte ich vor. Aber der Oberkellner Nietenführ, mit dem ich manchmal über meine Arbeit spreche, war ganz anderer Ansicht: «Das beste wird sein, Sie schreiben über Sachen, die Sie kennen. Also, von der Untergrundbahn und Hotels und solchem Zeug. Und von Kindern, wie sie Ihnen täglich an der Nase vorbeilaufen, und wie wir früher einmal selber welche waren.» Und so habe ich, eigentlich nur, weil der Oberkellner Nietenführ es so wollte, eine Geschichte über Dinge geschrieben, die wir, ihr und ich, längst kennen … Aber nun geht es endlich los.›
Und los ging es tatsächlich: Mit dem ‹Roman für Kinder›: ‹Emil und die Detektive›, mit dem Ruhm seines Schöpfers Erich Kästner und mit einem neuen Ton in der Kinderbuchliteratur. Bis hierhin, bis zum Jahr 1929, waren Bücher für Kinder fast durchgehend märchenhaft oder moralisierend. Kästner aber mischt Witz, Abenteuer und Milieuschilderung und bringt die soziale Gegenwart der Kinder ein, ohne den Charme, den Humor und die Spannung vermissen zu lassen. Die schonungslose Darstellung der Armut des Kleinbürgertums samt der pazifistischen Einstellung des Autors wurden dann für die Nazis Grund genug, ‹Emil und die Detektive› verbieten zu lassen. 1933 fiel es den Flammen der Bücherverbrennung zum Opfer. Nach dem Krieg wurde Kästner, der vor ‹Emil› nur Gedichte und Kritiken für Erwachsene schrieb, zu einem der beliebtesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren des letzten Jahrhunderts.
Der Hof Meyer zu Bentrup, auf dem wir zu Gast sein werden, lädt mit seinen großzügigen Rasenflächen und dem alten Baumbestand zum Spielen und Toben ein. Die erste Erwähnung findet er im Jahr 1305, seit 1550 wird die Familie Meyer zu Bentrup als Hofbesitzer geführt. 200 Jahre später baute sie die charakteristische Wassermühle an der vorbeifließenden Windwehe, die uns als Verpflegungsstation dienen wird. In der Scheune am Mühlteich werden der Schauspieler Andreas Dobberkau und der Komponist und Musiker Christoph Coburger in einer Art Live-Hörspiel das Abenteuer von Emil, Pony Hütchen und Gustav mit der Hupe vorstellen. Die Musik wird dabei vor Ort gesampelt und gemixt und mit dem Text verwoben. Hip-Hop-Klänge, melodische Popmusik und Bassläufe wechseln sich ab und so entsteht ein Großstadtsound, der die Kinder mit auf das Abenteuer von Emil und seinen Detektiven nimmt.