Das Weserrenaissanceschloss Wendlinghausen wurde Anfang des 17. Jahrhunderts von Hilmar von Münchhausen erbaut, der ein direkter Vorfahre der Familie von Reden ist, die noch heute das Gut bewohnt. Ein Verwandter ist auch Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, der unter dem Titel ‹Lügenbaron› weltberühmt ist und der vor 300 Jahren in Bodenwerder, unweit von Wendlinghausen, geboren wurde. Münchhausen war ein für seine Zeit außergewöhnlich weit gereister Mann und viele seiner Geschichten gehen auf (angebliche) Reiseberichte zurück. Mit Georg Philipp Telemanns ‹Klingende[r] Geographie› folgt das Cölner Barockorchester dem Baron auf diesen Reisen. Dabei steht die Musik der Lebendigkeit und dem Abwechslungsreichtum der Lügengeschichten in keinem Moment nach. Etwa als der Baron als Page am russisch-österreichischen Türkenkrieg teilnimmt, wo er den ‹Ritt auf der Kanonenkugel› erlebt haben will. Oder in der Türkei, wo bei einem hitzigen Gefecht gleich das ganze Hinterteil seines Pferdes verlustig geht und erst wieder eingefangen werden muss. Telemanns unterschiedliche Sätze und Tänze erinnern in ihrer Lebendigkeit an die von Gottfried August Bürger nacherzählten Lügengeschichten, die den fantastischen Titel ‹Wunderbare Reisen zu Wasser und zu Lande, Feldzüge und lustige Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen, wie er dieselben bei der Flasche im Zirkel seiner Freunde selbst zu erzählen pflegt› tragen. Eva Meckbach und Stephan Szász werden aus diesem Literaturklassiker lesen.
Auch die Streichersinfonie in G-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach, ein Zeitgenosse Münchhausens, könnte mit ihren extremen Gegensätzen und abrupten Stimmungswechseln den Abenteuern des Barons folgen. Voller Klangfarben und vielfältiger Stimmungsbilder ist auch Johann Sebastian Bachs Suite in h-Moll für Orchester und Flöte. Sie ist eines der großartigsten Werke für die barocke Traversflöte, dem Instrument Friedrich des Großen, und wurde wahrscheinlich im Geburtsjahr des Barons geschrieben.
Eine Geschichte wie von Münchhausen erfunden, erzählt der österreichische Autor Raoul Schrott in seinem Roman ‹Eine Geschichte des Windes oder Von dem deutschen Kanonier der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal›. Es geht um Meuterei, Stürme, Schiffbruch und Kannibalen und schon die Länge des Titels verweist auf Münchhausen. Schrotts Geschichte eines Weltumseglers ist eine solch ausufernde Ode an die Fantasie und das Erzählen, dass der Autor zum Nachfahren des Lügenbarons wird.