… Die Seele dessen, der es geschrieben hat, und die Seele derer, die es gelesen und erlebt und von ihm geträumt haben.
In der Universitätsbibliothek Bielefeld wird unser Publikum inmitten tausender Bücher sitzen und einen Abend über die Faszination von Bibliotheken und Büchern erleben. Sie ist mit über zwei Millionen Büchern die größte und wichtigste Universalbibliothek Ostwestfalen-Lippes und das Herzstück der Universität. Hier wird die Schauspielerin Eva Meckbach, die jahrelang zum Ensemble der Berliner Schaubühne gehörte und 2019 mit dem Deutschen Hörbuchpreis ausgezeichnet wurde, aus ‹Die Blendung›, dem Debütroman des österreichischen Literaturnobelpreisträgers Elias Canetti lesen. Er behandelt die Verblendung des Bibliomanen Peter Kien, der in seiner Vierzimmerwohnung mit einer fünfundzwanzigtausend Bücher starken Bibliothek haust, um die sich sein ganzes Leben dreht. Kien duldet keine Welt außer der seiner Bibliothek. Seine Bücher sind ihm menschliche Wesen und Diskussionspartner. Nach der Hochzeit mit seiner Haushälterin beginnt ein grotesker Kampf um die Herrschaft in der ‹Bücherfestung›. Dem Wahnsinn verfallen richtet er sich eine ‹Kopfbibliothek› ein und irrt verlassen in der Stadt umher.
Um letzte Zufluchtsorte in einer chaotischen Welt geht es auch in dem Roman ‹Milchzähne› der 1993 geborenen Autorin Helene Bukowski. Er spielt in einer alptraumhaften Landschaft, in der eine globale Katastrophe das Leben der Menschen existentiell verändert hat und in der das Recht des Stärkeren gilt, bis ein Kind auftaucht, das Anderen die Kraft gibt, über den großen Fluss zu fliehen, der immer die Grenze war. Die Musik des Abends kommt von dem Hamburger Liedermacher Niels Frevert, der seit zwanzig Jahren zu den einflussreichsten deutschen Songtextern gehört. Im letzten Jahr veröffentlichte er nach einer mehrjährigen Schaffenspause sein sechstes Studioalbum ‹Putzlicht›, das er in der Unibibliothek zusammen mit dem Pianisten Martin Hornung und dem Gitarristen Christoph Bernewitz vorstellen wird. Auf ihm experimentiert Frevert mit sanften Beats, kräftigen Bläsermelodien, dem Einsatz von Streichinstrumenten und elektrischen Gitarren, so dass der Sound dunkel, aber warm wird, und gut zu der Atmosphäre der Bibliothek passt Melancholisch, aber hoffnungsfroh ist die neue Platte geworden, über die Frevert sagt: ‹Das Konzept für dieses Album, das war mir relativ schnell klar, ich möchte ein kraftvolles, ein strahlendes Album haben. Das kann nach Krise klingen, aber bitte nach Krise, die jemand hinter sich gelassen hat und nicht nach jemandem, der in der Krise steckt.›