Ein Fest der europäischen Lyrik!
‹Das Europa der Lyrik ist in bester Verfassung›, schreiben Federico Italiano und Jan Wagner im Vorwort ihrer großen europäischen Lyrikanthologie ‹Grand Tour›. Sie unternimmt eine Reise bis in die hintersten Winkel des Kontinents und stellt fast 500 junge europäische Dichterinnen und Dichter vor. Diese überraschend reichhaltige, aufregende Leseerfahrung hat uns inspiriert, unsere diesjährige Lyriksession zu einem Tre. punkt verschiedenster europäischer Künstlerinnen und Künstler zu machen, die der Büchner-Preisträger Jan Wagner für uns kuratieren wird. Aus sieben Ländern hat er Dichterinnen und Dichter und ein Jazz-Trio eingeladen. Die Lyrikerinnen und Lyriker repräsentieren dabei die ganze Bandbreite der zeitgenössischen europäischen Dichtkunst.
Die Albanerin Luljeta Lleshanaku ist eine der führenden literarischen Stimmen ihres Landes. Weil ihre Eltern in der Opposition gegen die kommunistische Diktatur aktiv waren, wuchs sie unter einer Art Hausarrest auf. Heute gehört sie der ersten ‹nach-totalitären› Generation an, die den in der Kunst bis Anfang der 1990er Jahre erzwungenen sozialistischen Realismus hinter sich gelassen und die albanische Lyrik von Grund auf erneuert hat. Sinéad Morrissey kommt aus Nordirland und beschäftigt sich in ihren Gedichten immer wieder mit ihrer Heimat: von einer Kindheit im Nordirlandkonflikt bis hin zu Belfast als geschäftiger, moderner Stadt. Die Niederländerin Hagar Peeters begann als Rapperin und veröffentlicht seit 20 Jahren Gedichte, die auch erfolgreich vertont wurden. Aleš Šteger ist einer der bekanntesten Schriftsteller Sloweniens, er hat u. a. Bachmann und Benn übersetzt und einen eigenen Verlag gegründet. Serhij Zhadan kommt aus der Ostukraine und gehört zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Seinen Roman ‹Die Erfindung des Jazz im Donbass› kürte die BBC zum Buch des Jahrzehnts. Die Autorinnen und Autoren werden sowohl gemeinsam als auch in Einzellesungen auftreten, bei der Lyrik im Séparée nur einer einzelnen Zuschauerin oder einem einzelnen Zuschauer ein Gedicht vortragen und mit den Musikern in Kontakt treten. Das Trio des aus Finnland stammenden Kalle Kalima besteht aus Kalima an der Gitarre, Oliver Potratz am Kontrabass und Oliver Steidle am Schlagzeug. Kalima, der einer der einflussreichsten Jazzmusiker seines Landes ist und sich als Gitarrenvirtuose einen Namen gemacht hat, erhielt 2008 den Neuen Deutschen Jazzpreis und spielt mit akustischen und elektronischen Instrumenten Jazz, freie Improvisation, Rock, Blues und auch mal Tango – die Grenzen sind frei fließend.
Zu Gast sind wir auf dem Gut Oberbehme, einer ehemaligen mittelalterlichen Wasserburg, die zu einem eingeschossigen, barocken Herrenhaus umgebaut wurde und heute einen landwirtschaftlichen Betrieb mit dem Schwerpunkt Kartoffelanbau beheimatet. Seit fast 200 Jahren ist es im Besitz der Familie von Laer, der es gelang, mit dem Kauf des benachbarten Ritterguts Steinlacke Flächen der alten Güter Ober- und Niederbehme nach Jahrhunderten wieder zu vereinen. Wir werden das Herrenhaus, die Kapelle, die Wirtschaftsgebäude und den Park bespielen und freuen uns auf ein ganztägiges Fest der europäischen Lyrik.