‹Seelenvolle Tage› verlebte der Dichter Friedrich Hölderlin 1796 im Gräflichen Park von Driburg. Hier schrieb er an seinem ‹Hyperion›, erwanderte sich die ‹heroische Landschaft› des Teutoburger Waldes, trank aus den Heilquellen und lebte die verbotene Liebe zu seiner ‹Diotima› Susette Gontard, der Liebe seines Lebens. Als Lehrer des ältesten Sohnes der Familie Gontard war er ihr Dienstbote und nur hier, in der Zurückgezogenheit des Kurbades, konnten sie ihre Liebe ausleben. Kurz danach musste Hölderlin die Anstellung bei den Gontards verlassen. Er wurde für geisteskrank erklärt und 36 Jahre lang in einem Turm in Tübingen verwahrt. Die sechs Wochen in Driburg waren wahrscheinlich die glücklichsten im Leben des Dichters. Hier wird Ulrich Noethen, der auch schon unser ‹Schauspieler in Residence› war, aus dem ‹Hyperion› lesen.
Darüber hinaus hat ‹Wege durch das Land› anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich Hölderlin gleich zwei Auftragsarbeiten über seine Zeit im Gräflichen Park vergeben. Im letzten Jahr musste die Veranstaltung leider entfallen und nun werden die Arbeiten zum 251. Geburtstag des Dichters präsentiert: Der Autor Friedrich Ani, der vor allem für seine Kriminalromane bekannt und auch ein erfahrener Lyriker ist, hat für uns einen Text verfasst, dem er den Titel ‹Der eiserne Himmel› gegeben hat und den er in einer Urlesung vorstellen wird. Über Hölderlin sagt er: ‹Er ist mein Lebensdichter seit meiner frühen Jugend›.
In Kooperation mit der Diotima Gesellschaft haben wir außerdem Dariya Maminova mit einer Komposition beauftragt. In ihrer Arbeit hört die 1988 in Sankt Petersburg geborene Komponistin den Gedichten Hölderlins nach, erforscht den Klang seiner Sprache und den Charakter seiner Geschichten. Hölderlins freies Versmaß bedeutet für sie komplette Freiheit. Es entsteht ein Moment ohne Anfang und ohne Ende, in dem es nur die Poesie gibt und in dem die innere Welt des Dichters erfahrbar wird. Ein Musikstück ist für Maminova ein Raum. Im Gräflichen Park wird sie verschiedene Klangräume kreieren und elektronisch erweitern. Dabei werden sich die Musikerinnen und Musiker des Kollektiv3:6Koeln rund um das Publikum positionieren, so dass das Publikum sich im Inneren dieser Klangräume wiederfindet.
Nur wenige Jahre nach Hölderlins Aufenthalt in Driburg schrieb Ludwig van Beethoven das Quartett op. 18 Nr. 4, das das IDEA-Quartett, das aus Studierenden der Hochschule für Musik Detmold besteht, zum Abschluss des Programmes spielen wird. Beethoven wurde wie Hölderlin im Jahr 1770 geboren und beiden ist gemein, dass sie mit ihrer Kunst ihren Zeitgenossinnen und Zeitgenossen weit voraus waren. Beethoven mit seiner subjektiven Klangsprache, Hölderlin mit seiner ekstatischen Lyrik.