‹Das Gesetz hat noch keinen großen Mann gebildet, aber die Freiheit brütet Kolosse und Extremitäten aus›, so Karl von Moor im Ersten Akt von Friedrich Schillers ‹Die Räuber›. Der Autor wusste gut um die Vielschichtigkeit der Freiheit. Mit ihrem Wesen hat er sich sein ganzes Leben lang beschäftigt. So sehr, dass er zum Deutschen Dichter der Freiheit wurde.
Schiller verdient diesen Titel gleich auf doppelte Weise. Zum einen, weil er ein Dichter aus Freiheit ist: Als junger Mann sagte er sich von seinem despotischen Gönner Herzog Karl Eugen los, um ohne Zensurzwang schreiben zu können. Im Gegensatz zu dem Fürstendichter Goethe entschied er sich für künstlerische Freiheit und gegen finanzielle Abhängigkeit mit der Folge, dass er jahrelang am Hungertuch nagte und sterbenskrank wurde. Zum anderen ist Schiller der Dichter über die Freiheit: Von seinem Erstlingswerk ‹Die Räuber› bis zum unvollendeten ‹Demetrius-Fragment› bleibt die Freiheit das Grundmotiv seines Schaffens. ‹Durch alle Werke Schillers›, schreibt Goethe 1827, ‹geht die Idee von Freiheit›. Auf der Bühne des 1972 eingeweihten Neuen Theaters Espelkamp wollen wir Schillers Freiheitsbegriff in seinen Dramen nachspüren und den Bogen von ‹Die Räuber› über das ‹dramatische Gedicht› ‹Don Karlos› zu seinem letzten Schauspiel ‹Wilhelm Tell› schlagen. Die Schauspielerinnen Barbara Auer und Meike Droste werden aus verschiedenen Szenen der Stücke lesen.
Die Beschäftigung mit dem Thema der Freiheit ist für das STEGREIF.orchester Programm. Laut der Wochenzeitung Die Zeit hat das Ensemble seit seiner Gründung vor sechs Jahren die ‹Aufführungspraxis in der klassischen Musik revolutioniert›. Das internationale Sinfonieorchester deutet das Erbe dieser Musik unter dem Einfluss von verschiedensten musikalischen Stilen klanglich, performativ und visuell neu. Dabei treten die Musikerinnen und Musiker stets ohne Noten, Dirigentin oder Dirigenten und Stühle auf. Die dadurch gewonnene Freiheit schafft Raum für Improvisation und Bewegung. Gemeinsam mit den Schauspielerinnen wird sich das Orchester mit dem Dreiklang Kunst/Moral/Freiheit beschäftigen, der für Schiller von zentraler Bedeutung war. Seine 1795 entstandene Ballade ‹Die Teilung der Erde› bekommt mit den Naturbildern in Gustav Mahlers Sinfonien Nr. 1 und 3, dem ‹Lied von der Erde› und den ‹Wunderhornliedern›, eine ganz neue Dimension. Mahler beschrieb in seiner Musik vor mehr als einhundert Jahren eindringlich die Schönheit und die Freiheit der Natur. Das Ensemble stellt diesen Naturbildern das Leben in der Zivilisation, in einer Konsumgesellschaft, gegenüber und beschäftigt sich mit dem Verlust der Freiheit, den Mensch und Natur dadurch erleben. ‹Die Kunst›, schrieb Schiller, ‹ist eine Tochter der Freiheit›. Sie ist aber zugleich mehr als das – sie ist auch ihre Hebamme.