Der Künstler Peter August Böckstiegel gilt als bedeutendster Vertreter des ‹Westfälischen Expressionismus› und war Maler und Bildhauer gleichermaßen. 1909 wurde er Mitglied der Bielefelder Künstlergruppe ‹Rote Erde› und fand durch sie zu seinem eigenen Stil, der aus klassischen Schattierungen und modern anmutenden Verwischungen bestand. So wurde sein Werk immer wieder der Stilrichtung des Expressionismus zugerechnet und infolgedessen ab 1933 zur sogenannten ‹Entarteten Kunst› ernannt. Nach dem Krieg wurde Böckstiegel Vorsitzender der ‹Westfälischen Sezession 1945› und trug wesentlich zum Wiedererstarken einer Künstlerinnen- und Künstlerszene in Westfalen bei. Seine Heimat und die ländliche Herkunft waren dem Künstler zeitlebens wichtig, genauso jedoch die moderne Kunst. Böckstiegels Geburts- und Sterbehaus in Werther-Arrode verdeutlicht, wie sehr Künstler und Werk in die Landschaft und die bäuerlichen Lebensverhältnisse seiner Heimat involviert waren. Heute ist das Ensemble um einen modernen Museumsbau erweitert, in dem Wechselausstellungen und die Sammlung Böckstiegels gezeigt werden. (Die Eintrittskarte berechtigt zum Besuch.)
Die Schauspielerin Nicole Ernst wird hier Böckstiegels ‹Aus meinem Leben› samt weiterer Texte des Künstlers lesen und so einen Einblick in sein Schaffen und seine Kunstauffassung geben. Als ausschlaggebender Impuls für die Gattung der expressionistischen Literatur gilt Alfred Döblins ‹Die Ermordung einer Butterblume und andere Erzählungen›. Der Schauspieler Max Urlacher liest für uns u. a. die titelgebende Geschichte, in der der exzentrische Protagonist auf einem Spaziergang aus Wut eine Butterblume köpft und sich so in diese Tat hineinsteigert, dass er meint, die Bäume würden über ihn richten und er müsse auf ewig ein Sünder bleiben. Döblins Groteske beschreibt wortmächtig den Einfluss der Natur auf die menschliche Seele und kommt damit den Bildern Böckstiegels inhaltlich und formal durchaus nahe.
Auch die 1993 in Spanien geborene Saxophonistin Mari Ángeles del Valle Casado beschäftigt sich in ihrem Programm mit Böckstiegels Zeitgenossen. Die Werke von Claude Debussy, Isaac Albéniz und Pierre-Octave Ferroud sind maßgeblich vom Impressionismus geprägt und veranschaulichen, wie Expressionismus und Impressionismus nebeneinander bestehend den künstlerischen Ausdruck ihrer Zeit prägten. Im zweiten Teil spannt die Musikerin einen Bogen von zeitgenössischen Werken bis zum Barock und zeigt damit die Bandbreite ihres Instruments. Interessant ist hier auch der Kontrast zwischen Werken, die ursprünglich für Saxophon komponiert wurden, und Bearbeitungen von Werken aus einer Zeit, in der das Saxophon noch nicht erfunden war. Der wandlungsfähige und immer wieder überraschende Klang dieses Instruments bekommt in den Ausstellungsräumen des Böckstiegel-Hauses einen ganz eigenen und besonderen Raum.