Seit fast 20 Jahren macht ‹Wege durch das Land› immer wieder Station auf Gut Böckel, das durch die Lyrikerin Hertha Koenig zu einem wichtigen Kulturort der Region geworden ist. In den 1920er Jahren war sie zusammen mit Ricarda Huch eine der bedeutendsten Lyrikerinnen ihrer Zeit. Rainer Maria Rilke besuchte sie auf Gut Böckel und widmete ihr seine 5. Duineser Elegie. Diese Gedichte sind eng mit den zeitgleich entstandenen ‹Sonetten an Orpheus› verbunden. Orpheus, diesen großen Sänger und Dichter der griechischen Mythologie, stellt Elke Heidenreich in das Zentrum ihrer ‹Rede an die Musik›, die sie ‹Orpheus und wir› übertitelt hat und in der sie die Entwicklung des Mythos in der Musik nachzeichnet. Heidenreich ist nicht nur Autorin, Buchrezensentin und Moderatorin, sondern auch eine große Musikliebhaberin. Zwölf Jahre hat sie an der Kölner Oper mitgearbeitet, Libretti übersetzt, bearbeitet und selbst geschrieben. Gleich zwei Opern hat sie gemeinsam mit dem Komponisten Marc-Aurel Floros entwickelt, die in Köln und Rheinsberg uraufgeführt wurden. Der Orpheus-Mythos treibt beide schon ewig um. Floros wird Heidenreichs ‹Rede an die Musik› auf dem Flügel begleiten.
Anschließend hören wir ein Stück für ein Klaviertrio, das er für diesen Abend komponiert hat und das auf Gut Böckel seine Uraufführung erleben wird. Es wird ‹Orpheus – Sound of Eternity› heißen. Floros schreibt sowohl Musik für große Orchesterbesetzungen wie auch für Kammermusikensembles und Soloinstrumente und möchte mit seiner Musik Geschichten erzählen, die die Hörerinnen und Hörer durch ein großes Klangfarbenspiel fesselt. Das Philharmonische Klaviertrio München mit Bernhard Metz an der Violine, Sven Faulian am Cello und Paul Rivinius am Klavier wird diese Uraufführung gestalten und im zweiten Teil des Abends zu der Lesung des Schauspielers Walter Sittler aus ‹Europe Central› spielen.
Dieser historische Roman des US-amerikanischen Schriftstellers William T. Vollmann wurde als das ‹Krieg und Frieden› des 21. Jahrhunderts bezeichnet und ist ein Epos, das den zweiten Weltkrieg auf sowjetischer und deutscher Seite heraufbeschwört. Eine zentrale Figur ist der Komponist Dmitri Schostakowitsch, dessen Leben stellvertretend für die Künstlerexistenz im 20. Jahrhundert steht. Sein Klaviertrio Nr. 2 op. 67 wird im zweiten Teil des Abends zu hören sein. Trauer und beißende Ironie treffen in diesem Trio aufeinander und versinnbildlichen, wie sehr Schmerz und Komik einander bedingen. Die Verwendung eines Themas aus der jüdischen Volksmusik im Finale deutet darauf hin, dass auch die Trauer über die Ermordung der Jüdinnen und Juden in Europa zum Ausdruck kommen soll. Mit Musik ließe sich thematisieren, wozu die Worte fehlen und worüber Schweigen unmöglich sei, stellte Victor Hugo fest. Und Schostakowitschs zweites Klaviertrio ist solch eine wortlose Klage.