Gehen Sie mal an Ihr Bücherregal. Drehen Sie alle Werke von Schriftstellern um, so dass der Buchrücken zur Regalrückseite zeigt. Und dann treten Sie zurück – Sie sollten nun vor einer beinahe vollständig weißen Fläche stehen. Immer noch gibt es in den meisten Wohnzimmern ungleich mehr Werke von Autoren als von Autorinnen. Und nicht nur das: Frauen werden seltener verlegt, besprochen, mit Preisen bedacht. Weil sie nicht so talentiert sind wie ihre Kollegen? Weniger an großer Literatur interessiert, banal, kitschig, trivial?
Nicole Seifert will es genauer wissen. In ihrem augenöffnenden Buch ‹FRAUEN LITERATUR› weist sie nach, wie das Schreiben von Frauen seit Jahrhunderten systematisch abgewertet wird. Wie ihnen zum Vorwurf gemacht wird, was bei Männern Genieverdacht nährt, wie Strukturen des Literaturbetriebs weibliches Schaffen hindern. Für ‹Wege durch das Land› kuratiert sie nun einen Abend, der vergessenen Stimmen Raum gibt – indem herausragende Autorinnen der Gegenwart an sie erinnern. Ob es Simone
Scharbert ist, die dem unvergleichlichen Tagebuch der Alice James nachspürt, Ali Smith, die von der einzigen Mitbegründerin britischer Pop-Art erzählt, Sharon Dodua Otoo, die die erste Programmiererin Ada Lovelace erforscht, Doireann Ní Ghríofa, die eine irische Dichterin erweckt: Seifert montiert ihre Texte zu einem Gespräch, das ungemein viel über die Verdrängung femininer Kreativität erzählt – und ungemein viel über ihr Potential. Erst recht, wenn sie von einmaligen Schauspielerinnen wie Friderike Becht und Katharina Marie Schubert gelesen werden.
Auch in der Musik ist weibliche Arbeit lang nicht gewürdigt worden. The Twiolins wollen das ändern – und
haben sich in ihrem neuen Programm ausschließlich Komponistinnen gewidmet. Das Violinduo kombiniert dabei historische Stücke mit Werken aus der Gegenwart. So erhalten Künstlerinnen in der KulturScheune1a die Würdigung, die sie längst in der ganzen Kulturlandschaft haben sollten.