Die Suche nach dem Sinn, nach der Wurzel des Seins im Erlebten macht der galizische Autor Bruno Schulz in seinem Werk ‹Die Zimtläden› zum Kern seiner Erzählung. Eingebettet in die Welt seiner Jugend, die in den politischen Wirren des Ersten Weltkriegs unterging und unwiderruflich fort ist, findet er sie in seiner Literatur aufs Neue: Zwischen mystischer Mediation und luzidem Wachtraum wandert er die Straßen und Erlebnisse seiner Jugend ab, erlebt das Verlebte erneut und wird sich seiner Wurzeln und seiner Selbst bewusst. Dem Schriftsteller und autodidaktischem Künstler Schulz begegnen neben skurrilen Verwandten, wie seinem Onkel Karol, auch die exzentrische Begeisterung für Vögel des eigenen Vaters oder der faszinierende Familienwelpe Nimrod. Dabei erzählt Schulz auch die Geschichte seines Schtetls und die des osteuropäischen Judentums und vermengt sie mit der literarischen Stilistik Westeuropas.
Es ist ein Roman, der sich nahtlos in die zerrüttete Erfahrungswelt der deutschen und französischen Literatur nach 1918 eingliedert, die ebenso nach Wahrheit im radikalen Verlust des Vertrauten sucht, wie es auch Franz Kafka, Robert Musil oder Marcel Proust taten. Der Schauspieler Ulrich Noethen und das Delian Quartett konzipierten zum Roman exklusiv für ‹Wege durch das Land› ein gemeinsames Bühnenprogramm.
Mit Kompositionen von Mozart, Mendelssohn Bartholdy und Schostakowitsch entfalten die fünf Künstler:innen gemeinsam die Worte des zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Autoren. In einer einzigartigen und intimen Begegnung von Literatur und Musik begeben wir uns in eine Welt, die es heute nicht mehr gibt. Von einer solchen Welt erzählt auch der Veranstaltungsort des heutigen Abends: Eingebettet in die gotische Klosterkirche der ehemaligen Zisterzienserabtei Marienfeld entfaltet sich ein künstlerischer christlich-jüdischer Dialog auf der Suche nach vergangenen Welten und verlorenen Wahrheiten.
