Rede an die Sprache
Bilder prägen unser Leben. Schrift führt uns durch den Alltag. Wir lesen die Mimik unseres Gegenübers, lesen Schilder, Landschaften und Architekturen. Therapeut:innen lesen Träume, Jäger:innen die Fährten des Wildes. Wir lesen Daten, Zeichen, Posts und Romane. Wir sammeln uns, wenn wir lesen. Literatur lesen wir leise – meistens. Aber das Ohr hört immer mit. Ein feines Organ, das doppelt so viele Eindrücke in der Sekunde verarbeitet, wie das Auge. Es warnt uns, hält die Balance, stimuliert unsere Sinne und Fantasie. ‹Das Ohr schreibt mit›, sagt Alexander Kluge wie viele Autor:innen, für die Stimmen, Rhythmus, Klang und Hören beim Schreiben entscheidend sind.
Die Journalistin und Autorin Cornelia Zetzsche widmet ihre ‹Rede an die Sprache› dem Hören und der Mündlichkeit, denn Erzählen und Zuhören sind essentielle Kulturtechniken. Und sie spricht mit renommierten Schriftsteller: innen, für die Lesen, Hören, Schreiben untrennbar sind: Feridun Zaimoglu macht reale Stimmen zu fiktiven Figuren. Für Ulrike Draesner ist Vorlesen auch eine körperliche Erfahrung. Der Schweizer Michael Fehr, im Sehen stark beeinträchtigt, erschließt sich die Lesewelt übers Hören. Für die Spoken Word Artistin Miedya Mahmod wird der Text erst mit der Performance komplett. Und wenn Fiston Mwanza Mujila, der Österreicher aus Zaire, der heutigen Republik Kongo, laut liest, ertönt ein Orchester aus Stimmen und Geräuschen.
Sie alle treffen an diesem Abend im Hörsaal der Katholischen Hochschule Paderborn aufeinander. Ein Ort, der sich durch seine lichtdurchflutete Holzbauweise auszeichnet und somit wie kein anderer geeignet ist, über die Grenzen des Offensichtlichen zu diskutieren. Mit Elan und Experimentierfreude erweckt Ardhi Engl seine Tonsprache zum Leben. Der Multiinstrumentalist bespielt dabei sowohl die klassische Gitarre als auch originelle Eigenbauten aus Alltagsgegenstände.