Über dem idyllischen Almetal thront Deutschlands bekannteste Dreiecksburg: die Wewelsburg. Hinter ihrer malerischen Gestalt verbirgt sich in ihrer 900-jährigen Geschichte auch jener Teil als Ausbildungsstätte der SS, der heute Aufarbeitung in der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933–45 findet. Wir greifen das Thema der anschließend beginnenden Sonderausstellung ‹Das Paderborner Land in der Weimarer Republik› auf und begeben uns mit Theresia Enzensberger in ihrem Debütroman ‹Blaupause› in die goldenen 1920er-Jahre mitten ins Weimarer Bauhaus. Dort gären zwischen großen Visionen und avantgardistischer Ästhetik konservative Wert- und Gesellschaftsvorstellungen. Der Roman erzählt vom Ausbruch einer jungen Architekturstudentin aus diesem unerwarteten Korsett und spiegelt damit die Umbrüche und Widersprüche dieser turbulenten Zeit wider.
Musikalisch versetzen uns die Violinistin Franziska Hölscher und der Pianist Jacob Leuschner zurück, wenn sie Werke von Ravel und Beethoven im Geist dieses Jahrzehnts neu interpretieren. Im zweiten Teil leiten sie uns musikalisch weiter in die düsterste Phase deutscher Geschichte.
Begleitet von Werken deutscher Exilkomponisten liest der preisgekrönte Schauspieler Florian Lukas, u. a. bekannt aus der Fernsehserie ‹Weissensee›, Auszüge aus Erich Kästners ‹Das blaue Buch›. Entstanden zwischen 1941 und 1945, ist das Tagebuch ein Mahnmal gegen das Vergessen, Verschweigen und Verweigern der Erinnerung an die Schrecken des Nationalsozialismus. Kästner notierte darin ausführlich die Verbrechen und Unmenschlichkeiten seiner Gegenwart, aber auch die Erfahrungen des Alltags und der Bürokratie unter faschistischer Herrschaft. Dieser kaleidoskopische Einblick in das selbsternannte Dritte Reich stellt ebenso ein faszinierendes literarisches Zeitzeugnis dar, wie ein notwendiges Memento angesichts des 80. Jahrestags der deutschen Kapitulation.