Vor fünf Jahren hat die österreichische Autorin Eva Menasse unser Festival mit der ‹Rede an die Sprache› eröffnet. Nun kommt sie wieder zu ‹Wege durch das Land›, dieses Mal um ihren neuen Roman ‹Dunkelblum› an einem unserer Lieblingsorte vorzustellen. Das titelgebende Dorf des Romans liegt im österreichischen Burgenland, unweit der ungarischen Grenze, und ist unschwer als der reale Ort Rechnitz zu entschlüsseln, der zu trauriger Berühmtheit gekommen ist, weil dort im Frühling 1945 SS-Leute und deren Kollaborateurinnen und Kollaborateure während eines Festes ein Massaker an etwa 200 jüdischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern verübten. Nach dem Massenmord feierten die Täterinnen und Täter fröhlich weiter. Menasses Roman möchte nicht die Schrecken dieses Verbrechens beschreiben (wie auch?), sondern zeigen, wie eine Gemeinschaft Jahrzehnte später damit umgeht, wie das ‹tosende Dunkelblumer Schweigen› das Verdrängen der Mittäterschaft bis heute prägt.
Den zweiten Teil des Abends wird Menasse ihrem Lieblingsschriftsteller Heimito von Doderer widmen. ‹Sein Werk›, schreibt sie, ‹gehört zu den schönsten, reichhaltigsten, formal avanciertesten und nicht zuletzt: lustigsten und unterhaltsamsten der Literatur, und nicht nur der österreichischen. Dass er so vergessen, so missverstanden, so untergepflügt in den ideologischen Schlachten der Nachkriegs- und Post-Achtundsechziger-Jahrzehnte werden konnte, ist ein Umstand, an dessen Unveränderlichkeit wir nicht glauben und daher mit allen zu Gebote stehenden Mitteln rütteln wollen›. Zusammen mit dem Schauspieler Ulrich Matthes liest sie selbstausgewählte Texte des großen Wiener Chronisten: neben einigen Erzählungen u. a. Passagen aus dem Roman ‹Die Dämonen›.
Georg Kreisler zählt zu den bekanntesten Protagonisten des sogenannten Wienerlieds. Seine eingängigen, aber originellen Melodien, kombiniert mit bissigen Texten, sind eine Abrechnung mit Spießertum, Politik und Zeitgeist. Die ungewöhnlichen Bearbeitungen des Trio Belli-Fischer-Rimmer bringen die humorvolle Schärfe des Originals wunderbar zur Geltung. In einer kleinen Suite von Liedern verbindet das Trio außerdem die so unterschiedlichen Komponisten Franz Schubert und Tom Waits und stellt verblüffende Gemeinsamkeiten heraus. Auf ganz andere Weise beschäftigt sich die Neukomposition, die ‹Wege durch das Land› für diesen Abend in Auftrag gibt, mit Österreich. Johannes Fischer nimmt den volkstümlichen Oberkrainer-Sound unter die Lupe und dreht ihn in einer Art Remix durch den Fleischwolf. Ländler, Polkas, Märsche werden munter zerschnitten, neu collagiert und ergeben so einen überraschenden Blick auf die Musik dieses Landes.