Der Hamburger Autor Christian Maintz ist nicht nur ein fundamentaler Kenner und erfahrener Herausgeber der sogenannten ‹komischen Lyrik›, er ist auch selbst ein grandioser Lyriker. Sein Sound ist elegant, rhythmisch, immer witzig und manchmal melancholisch. Für ‹Wege durch das Land› wird Maintz einen Text schreiben, der ‹Ich weiß nicht, was ich bin – ich schreibe das gleich hin. Über Komik im Gedicht und anderswo› heißt. Darin wird er lust- und humorvoll in die Kunst des komischen Gedichts einführen und anschließend Beispiele dieser besonderen Gattung der Lyrik vorstellen. Im zweiten Teil des Abends wollen wir uns einer besonderen Spielart der ‹komischen Literatur› widmen, die mit Komik und Melancholie überschrieben werden kann. Spätestens seit der Romantik ist diese an sich eher abwegige Kombination eine beliebte Spielart der Kunst und lässt tief in die deutsche Seele blicken. Der Verzweiflung über die Ungerechtigkeit der Welt, das eigene Scheitern oder das Ende einer großen Liebe ist für Autorinnen und Autoren immer wieder nur auszuhalten, indem man sie mit Komik und Leichtigkeit konterkariert, denn kein Gefühl steht nur für sich selbst. Sein Gegenteil ist immer in der Nähe: ‹Mein Herz, mein Herz ist traurig, / Doch lustig leuchtet der Mai›, dichtet etwa Heinrich Heine. Helene Grass und Dietrich Hollinderbäumer werden u. a. Werke von Christian Morgenstern, Kurt Tucholsky und Robert Gernhardt für uns lesen.
Auch die Musik wird dieses Thema umkreisen. Schon in der Schule lernen wir, dass Moll weich klingt und für Melancholie oder gar Trauer steht, Dur dagegen hart oder fröhlich wirkt. Natürlich ist dieses Konzept mittlerweile hinterfragt und durchbrochen – letztendlich auch durch die Begegnung mit Musikkulturen anderer Länder. Der Gitarrist Claus Boesser-Ferrari berichtete von einem Oud-Spieler, Abdallah, der die Behauptung nicht verstehe, dass Moll-Tonarten oder -Skalen immer traurige und ernste Stimmungen ausdrücken sollten – in seiner Welt gäbe es diese Trennung nicht. Natürlich könne Musik auch das Gefühl von Fremdheit auslösen. Aber es gäbe immer die Möglichkeit, entweder mit Angst oder mit Neugier darauf zu reagieren. Als Grundmotiv für sein Programm hat sich Boesser-Ferrari ein jiddisches Lied ausgesucht, das über den Abend hinweg an vielen anderen Stücken (u. a. von Hanns Eisler, Charles Mingus, Jimi Hendrix und Volksliedern aus dem 17. Jahrhundert) andocken und diese aufgreifen wird. Immer wieder wird das Lied aber selbst als Grundspur auftauchen. In seiner Melodie verzahnen sich Dur- und Moll-Skalen – wie es ja auch für die Begriffe Melancholie und Komik zutrifft.
Um 15 Uhr liest Ulrich Noethen Lieblingstexte und wird von Xu Fengxia und Bo Wiget begleitet.
Abo-Karten für das gesamte ‹Friends in Residence›-Wochenende können aus technischen Gründen nur bei der Veranstaltung Nr. 22 gebucht werden. Gerne helfen wir Ihnen bei der Abo-Bestellung auch telefonisch weiter: 05231-3080210.