Der Anblick beim Betreten der Christuskirche in Obernbeck ist überwältigend. Die Wände und der Altarraum dieses Jugendstilkleinods aus dem Jahr 1914 strahlen in Blau, Gold und Weiß. Darüber spannt sich das Tonnengewölbe aus blau gefassten Holzkassetten. Es gilt als Abbild des Himmels über der Erde. Ein wunderbarer Ort, um sich dem Thema Stille zu widmen und ihr nachzulauschen, wie das CHORWERK RUHR in seinem Konzert ‹The Sound of Silence›. Hier begegnet das frühbarocke Madrigal den improvisierten und komponierten Klängen des Jazzpianisten und Komponisten Marc Schmolling und seines Ensembles. Instrumentales, Klangschichtungen und Vokalisen treffen auf Chorgesang, Wort auf Musik, Perfektion auf Fehler. Im Madrigal des italienischen Frühbarocks werden die Kompositionsregeln zugunsten des Textausdruckes bewusst verletzt. Die Sprache wird zur ‹Herrin› über die Musik. Es schmerzt die Zuhörerinnen und Zuhörer fast, wenn Claudio Monteverdi in ‹Cruda Amarilli› die Dissonanzen des Liebesleids ‹Ahi› nicht mehr auflöst. Luca Marenzio erzeugt hingegen in ‹O tu che fra le selve occulta vivi› mit dem Nachlauschen in die Stille hinein einen beredten Dialog des Menschen mit seinem eigenen Schweigen.
Das Schweigen und die Stille spielen auch im Werk des norwegischen Autors Jon Fosse eine Hauptrolle und im Jahr 2016 hat er ihr sogar einen eigenen Gedichtband gewidmet, der ‹Diese unerklärliche Stille› überschrieben ist und aus dem die Schauspielerin Eva Mattes für uns lesen wird. ‹Ich bin nicht mehr / es ist zu still, als dass ich / die Farben fallen sehen könnte, keiner von den Alten / ist mehr in dem beweglichen Wasser / Es ist zu still / und zu lange her …›. Fosse lässt in seinem Gedichtband die Sprache immer wieder gänzlich verschwinden, um seinem Thema Raum zu geben. Für die Süddeutsche Zeitung bestechen diese Gedichte ‹nicht nur durch die Originalität der Wortfindungen, sondern durch die Intensität der Sprachbewegungen.›
Sprachlich intensiv wirkt auch die Literatur der Autorin Emma Braslavsky, über die Deutschlandradio Kultur einmal sagte, sie schreibe Romane, ‹von denen einem der Kopf glüht, aber im besten Sinne, weil man so viel Anregendes zu lesen bekommt›. Zuletzt hat sie ihren vierten, viel gelobten Roman ‹Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten› veröffentlicht, im letzten Jahr wurde ihr das Alfred-Döblin-Stipendium zugesprochen. Gemeinsam mit dem Literaturbüro OWL haben wir sie beauftragt, einen Text zum Thema Stille zu verfassen: ‹Mechaniken der Erlösung›, der uns in die Weite des Weltalls entführt. Braslavsky wird ihn in einer Urlesung in der Ruhe und Würde ausstrahlenden Atmosphäre derChristuskirche vorstellen.
In Kooperation mit dem Literaturbüro OWL.