Bei dem Blomberger Unternehmen SynFlex Elektro, das Isoliermaterialien für den Bau von Elektromotoren und Transformatoren herstellt, wird das Publikum in der großen Logistikhalle sitzen, die für Kommissionierung und Verladung genutzt wird. Eine Industriehalle war es auch, in der die Perkussionistin Evelyn Glennie ihre erste CD mit improvisierter Musik aufnahm. Sie stand am Beginn einer Weltkarriere, die sie zu einer der bekanntesten Interpretinnen zeitgenössischer Musik gemacht hat. Mit zwölf Jahren fing Glennie an, Pauke, Trommeln und Xylophon zu spielen. Aufgrund einer Nervenkrankheit verschlechterte sich zur gleichen Zeit ihr Hörvermögen so stark, dass sie es bald weitestgehend verlor. Seitdem hat sie gelernt, ‹anders zu hören› und nutzt ihren ganzen Körper als Resonanzraum, um den Klang zu spüren, zu ‹berühren›, wie sie sagt. ‹Touch the Sound› heißt denn auch der Dokumentarfilm, der im Jahr 2004 erschien und Glennie einem breiteren Publikum bekannt machte. Bis die Pandemie sie stoppte, spielte Glennie, die auch eine erfolgreiche Komponistin etwa für Filmmusik ist, weltweit über einhundert Konzerte im Jahr, trat u. a. bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London auf und veröffentlichte ihre Biografie ‹Good Vibrations›, die in mehreren Ländern ein Bestseller wurde. Ihre Sammlung von Perkussionsinstrumenten umfasst mehr als 1.800 Objekte und gilt als eine der größten überhaupt. In einem Solo-Rezital wird Evelyn Glennie Werke unterschiedlicher Komponistinnen und Komponisten wie zum Beispiel die berühmte ‹Clapping Music› von Steve Reich aber auch eigene Kompositionen vorstellen.
Im ersten Teil des Abends widmen wir uns einem literarischen Klassiker des anarchistischen Humors und stellen Alfred Jarrys 1896 uraufgeführtes Drama ‹König Ubu› vor. Es entstand als Schülerwitz und wurde zum Skandalstück, das bei seiner Premiere für minutenlange Tumulte im Publikum sorgte. Schon sein erstes Wort ‹Merdre› (im deutschen etwa als ‹Schoiße› übersetzt) war ein Tabubruch. Solch eine deftige, respektlose Sprache war bis dahin nicht im Theater zu hören. Jarrys Figurenzeichnung hat rein gar nichts mit der um die Jahrhundertwende üblichen psychologisch-realistischen Mode zu tun. Die Figur Ubu ist eine Mischung aus Hanswurst und Massenmörder, der von seiner intriganten Frau angestiftet wird, den König von Polen umzubringen und sich an seine Stelle zu setzen. Das Attentat gelingt, Ubu wird zuerst bejubelt, dann aber gehasst, weil er zum Mörder und Diktator mutiert. Bis heute einzigartig ist die Mischung aus derber, alberner Komik und Schrecken verbreitenden Taten. Immer wieder bleibt den Zuschauerinnen und Zuschauern das Lachen im Halse stecken, Entsetzen und Spaß wechseln sich ab. Claudia Michelsen und Peter Lohmeyer werden uns das Stück in einer Lesefassung vorstellen.