Ursprünglich sollte sie Frieden zwischen verfeindeten Sippen stiften, Erblinien bewahren und Besitztümer mehren. Seit dem 18. Jahrhundert ist sie ein Bund unter Liebenden. Den einen ist sie Symbol eines gelingenden Lebens, andere sehen in ihr Konvention und Zwang, wieder andere ein Steuersparmodell: die Ehe. Kein Wunder, dass sich auch Held:innen in den Werken großer Literat:innen auf die Suche nach Mr. und Mrs. Right machen: Franz Kafkas Ringen um die Frage, ob er seine Dauerverlobte Felice Bauer heiraten soll, hat er in seiner ‹Zusammenstellung alles dessen, was für und gegen meine Heirat spricht› ein Denkmal gesetzt. Lena Bach hingegen resümiert trocken, ‹Ich hätte ihn nicht heiraten sollen! ›. Loriots Ehepaar-Monologe zeichnen mit Lakonie und Präzision und in vollendeter Sprachkunst ein Abbild der kleinsten Zelle der kleinbürgerlich-patriarchalen BRD, das uns auch heute noch Lachtränen in die Augen treibt. Und die Ehepaare bei Yasmina Reza zerfleischen einander genüsslich im Angesicht von Supermarkt-Käsetheken. Rezas Landmann, der französische Philosoph André Gorz hingegen hat es gefunden, das lebenslange Eheglück: ‹Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden, Du wiegst nur noch fünfundvierzig Kilo, und ich liebe Dich mehr denn je›, schreibt er an seine Frau Dorine. Mit 83 Jahren nahm er sich gemeinsam mit der schwer Erkrankten das Leben, damit keiner von beiden allein bleiben musste.
Diese großen Texte hören wir in der Detmolder Christuskirche, wo sich seit 1908 hunderte von Paaren das Ja-Wort gegeben haben. Es lesen die wunderbare Anneke Kim Sarnau und der grandiose Bjarne Mädel. Die in Malawi geborene Malia bewegt sich zwischen Jazz, Blues und Soul. Sie wurde unter anderem mit dem Echo Jazz ausgezeichnet. An diesem Abend bezaubert sie ihr Publikum gemeinsam mit dem Pianisten Alexandre Saada mit Kraft und Lebenshunger. Ihr aktuelles Album ‹The Garden of Eve› ist cool und warmherzig, klassisch und kein bisschen verstaubt – genauso wenig wie die Ehe.
