Frühjahr 1958: Ingeborg Bachmann – gefeierte Lyrikerin, Preisträgerin der Gruppe 47 und ‹Coverstar› des Spiegel – hat ‹Der gute Gott von Manhattan› veröffentlicht. Max Frisch – erfolgreicher Romancier und Dramatiker – schreibt der ‹jungen Dichterin›, wie begeistert er von ihrem Hörspiel ist. Mit Bachmanns Antwort im Juni 1958 beginnt ein Briefwechsel. Was folgt, ist Literaturgeschichte: erste Küsse zwischen Gemüsekisten und den blutigen Schürzen der Metzger in den Pariser Hallen, Nähe und Distanz, Bewunderung und Rivalität, Eifersucht, Fluchtimpulse und Verlustangst, Tablettensucht und Klinikaufenthalte, dann Trennung und schließlich der Suizid Bachmanns.
Was aber wirklich geschah in dieser Beziehung, das blieb ein Geheimnis zwischen Bachmann und Frisch. Alles, ‹was an schriftlichen Äusserungen da ist›, sei zu verbrennen, ‹denn wir wissen ja nicht, wie lange wir im Besitz von Dingen bleiben, die Dich und mich allein etwas angehen›, schrieb Bachmann an Frisch. Ein Geheimnis, das vor allem deswegen legendär wurde, weil die Bücher darüber zu sprechen schienen. War Frisch ein gefühlskalter Egoist, verantwortlich für den Zusammenbruch Bachmanns, für ihren Suizid? Erst im Jahr 2022 durften diese Briefe veröffentlicht werden. Auf Schloss Wehrden, das Annette von Droste-Hülshoff als poetischen Ort liebte, ‹dem auch die Weihe durch Sage und Gespensterglauben nicht fehlte› werden diese Briefe lebendig. Johanna Wokalek und Matthias Brandt lesen ‹Wir haben es nicht gut gemacht. Der Briefwechsel›.
Die Pianistin Masako Miyazaki-Gurewitsch hat sich auf die Suche nach musikalischen Entsprechungen für die Wucht und die Tragik dieser Briefe, für ihre sprachliche Eleganz und Präzision gemacht und ist in den Werken von u.a. Wolfgang Amadeus Mozart, Frédéric Chopin und Johannes Brahms fündig geworden. Das durch Eleganz, Strahlkraft und lyrischen Feinsinn bestechende Spiel erwarb Miyazaki-Gurewitsch nach Stationen in New York, Maryland und Berlin an der Hochschule für Musik in Detmold in der Meisterklasse von Anatol Ugorski.