Rede an die Architektur
Seit den 1990er Jahren beeindruckt der Schweizer Architekt Roger Boltshauser mit seinen Bauten, die hohe ästhetische Ambitionen mit einem tiefen Verständnis für die Komplexität des Bauens vereinen. Denn Boltshauser versteht seine Architektur nicht als Ergebnis rein fachspezifischer Überlegungen, sondern lässt seine Zeichenkunst in seine Entwürfe einfließen. Er erliegt nicht der Versuchung, auf bewährte Lösungen zurückzugreifen, sondern versucht immer wieder neue Antworten auf komplexe Probleme zu finden und interagiert dabei oft mit anderen Disziplinen.
Seine Bauten zeugen von einem großen Interesse an Materialien, insbesondere Erde als Baustoff. Er hat mit Stampflehm experimentiert, diesen mit anderen Baustoffen kombiniert und damit hybride Architekturen entwickelt, in denen archaische und technisch-moderne Konstruktionen zu ungewohnten Ausdrucksformen verschmelzen. So hat Boltshauser früh den Weg zu einer nachhaltigen Architektur beschritten und gezeigt, dass traditionelle Baumethoden auch heute von großer Bedeutung sein können. Wir lauschen seiner ‹Rede an die Architektur› in einem der vielleicht größten architektonischen Meisterwerke der Region, das vielen immer noch unbekannt ist: das Technische Rathaus Bielefeld.
Von Hanns Thiele 1952 erbaut, weist es typischen Merkmale der 1950er Jahre auf und wurde in den 2010ern umfassend saniert. Das signifikanteste Element des Altbaus ist ein weitschwingender Treppenlauf an der einstigen Rückfassade des Gebäudes. Geschickt wurde diese genutzt, um eine große, über alle Stockwerke reichende Halle zu kreieren, die nun Alt- und Neubau mit größter Selbstverständlichkeit verbindet. Ein architektonisches Meisterwerk, das Tradition und Moderne vereint. Roger Boltshausers ‹Rede an die Architektur› setzt der gefeierte Jazz-Virtuose Edgar Knecht ein musikalisches Gegengewicht entgegen. Mit seinen Kompositionen aus bekannten Werken, die in die Improvisation übergehen, schafft der Pianist neue Zugänge zu einer scheinbar verlorenen Tradition – eine einzigartige Symbiose aus Jazz, Klassik und Weltmusik.