Wir begeben uns auf die Spuren einer ganz besonderen Wahlfamilie: die des Komponisten-Ehepaares Robert und Clara Schumann und ihres gemeinsamen künstlerischen Ziehsohnes Johannes Brahms. Ausgehend von Robert Schumanns letzten Jahren in der psychiatrischen Klinik Endenich bei Bonn, begeben wir uns in die Tiefen der Beziehungen des Trios. Eine Beziehung, die sich durch innige Freundschaft und tief empfundene Liebe auszeichnete. Deutlich wird das in den vielen Briefen von Clara und Robert Schumann sowie Johannes Brahms. Die beiden prämierten Schauspieler Rainer Bock und Stephan Szász lesen aus den Briefen, die von tiefem gegenseitigen Respekt, aber auch von Schumanns Furcht vor sich selbst, geprägt sind. Genie und Paranoia treten in den Dialog und vor uns entfaltet sich die ganze emotionale Schwere und Tragweite die Schumanns Krankheit auf ihre Beziehung hatte.
Auch im zweiten Teil des Abends lebt die Verwobenheit von Literatur und Musik: E. T. A. Hoffmanns ‹Ansichten des Kater Murr›, ein Text, der als literarische Vorlage für Schumans Klavierzyklus ‹Kreisleriana› diente. Hoffmanns Romanfragment parodiert dabei in zwei fiktiven Biografien die bürgerliche Gesellschaft und zelebriert das tiefe Empfinden, selbst wenn es ins Scheitern führt.
Rainer Bock und Stephan Szász werden Auszüge aus diesem Schlüsselwerk der Romantik lesen, ergänzt durch das Spiel des Boulanger Trios mit Werken von Robert Schumann. Nahe Detmold, der späteren Wahlheimat Brahms, entfaltet sich so vor der Kulisse des Ritterguts Hornoldendorf die klangliche Schönheit und das einzigartige Leben dieser drei Komponist:innen. Von Genie und Wahn bis hin zum befreiten Lachen über die Welt.
Rainer Bock, geboren 1954 in Kiel, betrieb zunächst ein Café in seiner Heimatstadt, bevor er auf Anregung einiger Gäste aus der lokalen Theaterszene zur Schauspielerei wechselte. Nach dem Besuch einer Schauspielschule erhielt Bock 1982 sein erstes Engagement an den Bühnen der Landeshauptstadt Kiel, gefolgt vom Schleswig-Holsteinischen Landestheater. Nach Stationen in Heidelberg und am Mannheimer Nationaltheater stand er von 1995 bis 2001 mit einem festen Engagement am Stuttgarter Staatstheater auf der Bühne. Ab der Spielzeit 2001/02 bis 2011 war Bock Ensemblemitglied des Bayerischen Staatsschauspiels. Hier stand er in etwa in Tschechows ‹Onkel Wanja› als titelgebender Wanja oder im Shakespeares Stück ‹Maß für Maß› auf der Bühne. Neben seiner Theaterarbeit war Rainer Bock seit 1996 auch in Kino- und Fernsehrollen zu sehen, so etwa in Jo Baiers ‹Stauffenberg› (2004), Anton Corbijns ‹A most wanted Man› (2014) oder der Serie ‹Better call Saul› (2018/19). Für große Aufmerksamkeit sorgte er mit seiner Verkörperung des Dorfarztes in Michael Hanekes vielfach preisgekröntem Drama ‹Das weiße Band› (2009) – eine Darstellung, für die er eine Nominierung für den Deutschen Filmpreis als ‹Bester Nebendarsteller› erhielt. Für seine Hauptrolle in David Nawraths ‹Atlas› (2018) erhielt er 2019 sowohl den Deutschen Schauspielpreis in der Kategorie Schauspieler als auch den Darstellerpreis des Günter-Rohrbach-Filmpreis.
Stephan Szász studierte von 1990 bis 1995 an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover Schauspiel. Danach folgten Engagements diversen Theatern im deutschsprachigen Raum u. a. Schauspiel Köln, Schauspielhaus Zürich, Nationaltheater Mannheim und viele andere mehr. Er spielte etliche Hauptrollen und wurde als bester Nachwuchsschauspieler ausgezeichnet. Im Jahr 2000 erfolgte sein Filmdebüt in ‹Das Experiment›, das unter anderem den Publikumspreis des Deutschen Filmpreises 2001 gewann. Seitdem war er in unzähligen deutschen und internationalen Filmen und Serien zu sehen, etwa im ‹Tatort›, ‹Polizeiruf 110› im BBC-Dreiteiler ‹37 Days› in den Kinofilmen ‹3/4› und ‹Albträumer›. Derzeit ist er in einer Hauptrolle als Ermittler Georg König in der Reihe der ZDF Reihe ‹Katharina Tempel› zu erleben. Neben seiner schauspielerischen Tätigkeit unterrichtet er seit 2014 Schauspielstudierende an verschiedenen Hochschulen, u. a. an der Ernst Busch Hochschule in Berlin und arbeitet als Dozent bei der Deutsche Welle Akademie und der Audi Akademie. Seit September 2023 ist Stephan Szász künstlerischer Leiter des Festivals ‹Wege durch das Land›.
Das Boulanger Trio, bestehend aus der Pianistin Karla Haltenwanger, der Violinistin Birgit Erz und der Cellistin Ilona Kindt, begeistert seit 18 Jahren durch sein leidenschaftliches Spiel und seine intelligenten Interpretationen. Neben der Beschäftigung mit klassischem und romantischem Repertoire sind die Musikerinnen gefragte Interpretinnen Neuer Musik und spielten u. a. im Konzerthaus Berlin, im Festspielhaus Baden-Baden, im Palais des Beaux-Arts Brüssel, in der Wigmore Hall London und in der Elbphilharmonie Hamburg. Ihre CDs wurden mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Supersonic Award und dem begehrten Excellentia Award in Luxemburg. 2008 wurde den Musikerinnen der Peter Raue Preis für Neue Kammermusik verliehen und 2012 startete das Ensemble eine eigene Konzertreihe, die Boulangerie. Dieses Jahr veröffentlicht das Ensemble gleich zwei neue Alben: eines mit Werken von Komponistinnen von der Renaissance bis heute bei Berlin Classics und eines mit Kammermusik von Johannes Maria Staud bei NEOS. Das mehrfach in Kammermusikwettbewerben ausgezeichnete Trio ist nach den Schwestern Nadia und Lili Boulanger benannt, die durch ihre außergewöhnlichen Persönlichkeiten und ihren kompromisslosen Einsatz für die Musik den Künstlerinnen bis heute eine große Inspirationsquelle sind.