Viel zu oft schrecken wir vor den so genannten ‹Klassikern der Weltliteratur› zurück, dabei sind die Themen und Geschichten doch vielfach facettenreich, faszinierend und berührend. Der Schauspielerin Meike Rötzer gelingt es, großen Werken eine neue Bühne zu geben, sie in die Gegenwart und uns mitten hinein in die Geschichte zu katapultieren. 1924 erschien Thomas Manns ‹Der Zauberberg› – ein tausendseitiges Epos über das geschrieben, gestritten und gesprochen wurde. Wir nähern uns der Geschichte um den jungen Hamburger Ingenieur Hans Castorp auf eine völlig neue Art und Weise: Wir lassen uns die Geschichte erzählen, gehen neue Wege der Rezeption von Literatur und begegnen ihr ohne Scheu.
Meike Rötzer taucht situativ in die Geschichte ein und erzählt voller Spannung und atmosphärisch von den Charakteren, ihren Sehnsüchten, Diskussionen und inneren Kämpfen. Und so reisen wir mit Hans in das Sanatorium Berghof in den Schweizer Alpen zu seinem Cousin Joachim. Wie auch Hans immer mehr in den Bann der Welt des Sanatoriums gezogen wird, geraten wir in den Bann von Rötzers Erzählung, werden als Hörende selbst Bewohner:innen des Berghofs. So durchdringen
wir die eindrucksvolle Geschichte Manns, die nicht nur voller Humor steckt, sondern in der es um etwas Großes geht, um etwas, das uns alle bewegt: den Menschen an sich.
Auch musikalisch nähern wir uns dem Epos, indem Meike Rötzer nicht nur erzählt, sondern mit der Geigerin Charlotte Balle auch musikalisch interagiert. Beide Künstlerinnen kennen sich schon lange und entwickeln speziell für diesen Tag ein Programm. Und wie gemacht für diesen Anlass scheint der Ort, an dem wir zusammenkommen: die Wandelhalle im Kurpark Bad Oeynhausen. Mitten in der Stadt gelegen ist sie kein Ort der Ausgrenzung, sondern vielmehr Treffpunkt aller Generationen, bietet Raum für Austausch und Erholung. Perfekt, um die Geheimnisse des ‹Zauberbergs› zu ergründen: ‹Denn der Mensch selbst ist ein Geheimnis, und alle Humanität beruht auf Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Menschen›.