Was passiert, wenn wir plötzlich mit dem Verlust einer unserer Sinne konfrontiert sind? Sophie von Stockhausen steht genau dem Gegenüber. Mit 30, gerade als ihr Leben, ihre Ambitionen und Träume Fahrt aufnehmen, wird sie durch eine Augenkrankheit, die langsam zur Erblindung führt, ausgebremst. Unfähig, die Konsequenzen zu akzeptieren, ist ihr erster Impuls Verdrängung. Das, wovor sie als Kind immer Angst hatte, die Dunkelheit, wird mehr und mehr zum Alltag. Routinen, gewohnte Freiheiten verändern sich für immer. Im Schreiben von ‹Mit einem lachenden Auge› findet sie ein Ventil für ihre Verzweiflung, Hoffnungen und Ängste. Helene Grass leiht der tragikomischen Geschichte an diesem Abend ihre Stimme.
Dem gegenüber stellen wir einen Text von Max Frisch, der sich mit dem Vorspielen von Erblindung beschäftigt. In dem Roman ‹Mein Name sei Gantenbein› wechselt der Protagonist seine Identitäten wie andere ihre Kleider. Als sehender Mensch spielt er außerordentlich erfolgreich den Blinden. Er entwickelt nicht nur mehr Verständnis für seine Umgebung, sondern lernt durch das geänderte Verhalten ihm gegenüber auch, wie nicht-sehenden Menschen begegnet wird. Anschließend spricht Stephan Szász mit Sophie von Stockhausen über ihre Erblindung und diskutiert über die umgekehrte, literarische Verarbeitung Frischs. An diesem Abend sind wir zu Gast in der KulturScheune 1a.
Wird das Leben immer mehr zum Hörspiel, können Töne zunehmende Dunkelheit musikalisch erleuchten. Das Duo Oxymoron wird genau dem gerecht, spielt mit Widersprüchlichkeiten, inszeniert und verknüpft Extreme. Ähnlich wie der Abend als ein Widerspruch zwischen Erblindung und Lesung gesehen werden kann, greift die Musik die Gegensätze zwischen Harfe und Akkordeon auf und beschert uns ein Programm, das hoffentlich noch lange nachwirken wird.
