Ein Strand, ein paar Schriftsteller:innen und ein Sommer, wie es keinen mehr geben sollte: Volker Weidermann lässt uns in ‹Ostende› Teil einer Exilgemeinschaft um Stefan Zweig, Joseph Roth und Irmgard Keun werden. Im Badeort Ostende kommen 1936 die zusammen, die im Deutschland der Nationalsozialisten keine Heimat mehr haben. Hier erfahren sie noch einmal Glück und Unbeschwertheit unter Freunden, bevor die einen in den Spanischen Bürgerkrieg oder ins Exil, und die anderen in den Tod gehen – keiner aber wirklich wieder nach Hause. Mitreißend erzählt Weidermann von Strandspaziergängen und Tagen im Café Flore, von der Liebe zwischen Roth und Keun und von den Gesprächen, die dominiert sind von Deportation, Verzweiflung und dem drohenden Krieg.
Im zweiten Teil liest Sebastian Blomberg aus Joseph Roths Meisterwerk ‹Hiob›. Roth verlegt darin die biblische Geschichte Hiobs ins 20. Jahrhundert. Der gottesfürchtige Mendel Singer wird von einem Schicksalsschlag nach dem anderen getroffen. Sein jüngster Sohn kommt mit einer scheinbar unheilbaren Behinderung zur Welt, ein anderer meldet sich zum Militärdienst, einer wandert nach Amerika aus. Als sich seine Tochter mit einem Kosaken einlässt, emigriert auch Mendel nach Amerika, lässt den kranken Sohn jedoch zurück in Russland. Die Auswanderung bringt nicht die erhoffte Erlösung, Mendel wendet sich verzweifelt von Gott ab. Der Text zeigt die Zerrissenheit des osteuropäischen Judentums zwischen Tradition und Assimilation, zwischen Wurzel- und Heimatlosigkeit.
Wir begegnen diesen beiden Texten an einem ganz besonderen Ort in Paderborn: Dem Hörsaal der Theologischen Fakultät. An diesem Ort verbinden wir christliche und jüdische Religion miteinander. Musikalisch wird sich der palästinensisch-syrische Pianist Aeham Ahmad an den Übergängen zwischen jüdisch, christlicher und islamischer Musik bewegen. Mit seinen Kompositionen, der Intensität und Virtuosität seines Klavierspiels wird er uns an diesem Abend begeistern.