Die Zionskirche liegt im Stadtteil Bethel mit Blick über Bielefeld. Nicht nur die Kirche, sondern das gesamte Viertel scheint wie eine Insel, ist es doch nicht bloß Stadtteil, sondern eng verknüpft mit den namensgebenden von Bodelschwinghschen Stiftungen. Wir greifen den Insel-Gedanken auf und widmen uns der Einsamkeit und dem Gefühl, gefangen zu sein: Auf einer Insel im Ozean oder in einer Gesellschaft, der man sich nicht zugehörig fühlt. Aus der Urgewalt Wasser rettet sich Robinson Crusoe auf eine Insel und versucht, in einer entmaterialisierten Welt in einem fast spirituellen Vorgang zu überleben. Ist die Insel auch zunächst Rettung, empfindet er sie schnell als Gefängnis. Er erkennt nach und nach, dass er in seiner Einsamkeit womöglich glücklicher ist, als er es früher je war. Dietmar Bär wird Crusoe an diesem Abend seine einzigartige Stimme leihen.
Umrahmt wird die Lesung durch den international gefeierten Organisten Franz Danksagmüller, der uns musikalisch in das Auge des Sturms schickt. Tosende Wellen, Naturgewalt, Schiffbruch werden durch sein eindrucksvolles Orgelspiel in der Kirche lebendig. Im Kontrast dazu blicken wir auch auf eine andere, innere Art der Einsamkeit. Am Flügel wendet sich Danksagmüller leiseren Tönen zu.
Überraschend ergänzt er sein Spiel mit elektronischen Klängen und schafft so den Einstieg zur Lesung von Anne Rabe, die ihren Bestseller ‹Die Möglichkeit von Glück› präsentieren wird. Wir begeben uns in eine Kleinstadt in Ostdeutschland. Stine ist ein Kind der Wende. Zu jung um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, beeinflussen ideologische Prägungen der Familie dennoch ihr Aufwachsen. Während sich ihre Verwandten auf eine Insel des Schweigens zurückziehen, tief verstrickt in ein System, von dem sie nicht lassen können, kommen Fragen auf, die sich nicht verdrängen lassen. Mitreißend erzählt Rabe von einer Generation, deren Herkunft eine Leerstelle ist, von einer Frau, die ihre Familiengeschichte durchdringt und von Narben, die sich durch Biografien ziehen.